Alpamayo – Der „Normalweg“ auf den schönsten Berg der Anden

Obwohl der Alpamayo für seine atemberaubenden Eisflanken und die steile, formvollendete Pyramidenform bekannt ist, gibt es auch bei diesem Andengipfel eine Route, die üblicherweise als „Normalweg“ bezeichnet wird. Dieser Begriff ist jedoch relativ: Am Alpamayo bedeutet „Normalweg“ keineswegs leicht – er ist vielmehr der am häufigsten genutzte und vergleichsweise sicherste Anstieg, aber immer noch technisch anspruchsvoll und nur für erfahrene Alpinisten geeignet.

Zustieg durch das Santa-Cruz-Tal

Der Normalweg beginnt mit dem klassischen Zustieg durch das Santa-Cruz-Tal, eine der schönsten Trekking-Regionen der Cordillera Blanca. Von Cashapampa führt der Weg über mehrere Tage zu den Basislagern:

  • Base Camp (ca. 4.350 m)
    in einer grünen Mulde mit eindrucksvollem Blick auf die umliegenden Gipfel
  • Moras Base / Campo Moräne (ca. 4.900 m)
    über Moränengelände, das teils steil und blockreich ist
  • High Camp / Camp 1 (ca. 5.400 m)
    am Fuß der Eisflanken des Alpamayo, auf dem Gletscher platziert

Dieser Anstieg erfordert trotz fehlender technischer Schlüsselstellen Trittsicherheit und Akklimatisation.

Der eigentliche Normalweg: Southwest Face – Ferrari- oder French-Direct-Route

Als „Normalweg“ wird heute oft die Südwestwand, insbesondere die Ferrari-Route, bezeichnet. Diese ist seit den 1970er Jahren die beliebteste Linie zum Gipfel – allerdings keinesfalls ein leichter Weg.

Merkmale des Normalwegs:

  • Steilheit: 50–70 Grad Eis/Firn
  • Länge: ca. 300–450 Höhenmeter reine Eiswand
  • Technik: front-point-Steigeisenklettern, solides Setzen und Umgehen von Eisschrauben
  • Exposition: äußerst hoch, besonders im oberen Wandteil

Meist wird die Route mit Fixseilen versehen, was den Abstieg erleichtert, aber auch Erfahrung im Umgang mit Expeditionsausrüstung erfordert.

Objektive Gefahren

Auch der Normalweg ist nicht frei von alpinen Risiken:

  • Serac- und Eisbruch: besonders in den warmen Mittagsstunden
  • Lawinen: nach Schneefall oder starker Erwärmung
  • Schlechter Schnee/Eis: abhängig von Saison und Jahreszeit
  • Überfülle: Bei guten Bedingungen herrscht reger Andrang

Aufgrund dieser Faktoren starten die meisten Seilschaften gegen 1–2 Uhr morgens, um die kritischen Passagen früh am Tag zu durchsteigen.

Für wen geeignet?

Der Normalweg am Alpamayo richtet sich an:

  • erfahrene Alpinisten mit Steileis-Erfahrung
  • Bergsteiger mit sicherer Gletscher- und Seilkletterroutine
  • Personen, die bereits Gipfel über 5.000 m bestiegen haben

Er ist kein Anfängerberg und verlangt sowohl technische Kompetenz als auch ein gutes Gefühl für alpine Gefahren.

Fazit

Der Normalweg auf den Alpamayo ist eine der beeindruckendsten klassischen Eisrouten der Welt. Trotz seiner Popularität bleibt er anspruchsvoll – ein Weg, der Respekt verlangt und nur unter guten Bedingungen begangen werden sollte. Wer ihn meistert, wird mit einem der elegantesten Gipfelerlebnisse belohnt, die das Hochgebirge zu bieten hat.